Begriffsdefinition

Untersuchungsverfahren:
1. Routineverfahren zur durchflusszytometrischen Zählung von Mikroorganismen (ASU L 01.01-7; Baktoscanverfahren)
2. Referenzverfahren (ASU L 00.00-88; Koloniezählverfahren)

Begriffsdefinition:
Unter Mikroorganismen werden solche Partikel verstanden, die nach Anfärbung und bei der Festlegung eines bestimmten Schwellenwertes als Lichtimpuls im Fluoreszenzmikroskop erfasst werden. Die Anzahl an Mikroorganismen wird mit Hilfe einer bundeseinheitlichen Vergleichcharakteristik in koloniebildenden Einheiten (KbE) in 1000 / ml angegeben.

Monatlich werden alle Milchlieferanten mindestens zweimal auf den bakteriologischen Status, die "Keimzahl" untersucht. Die Proben werden mit dem Bactoscanverfahren untersucht. Hierbei werden alle einzelnen anfärbbaren Bakterien in der Milch gezählt. Das Ergebnis sind IBC`s (individual bacterial counts).
Damit die Ergebnisse mit dem Referenzverfahren (Koch`sches-Plattenverfahren) vergleichbar sind, werden die IBC`s anhand einer bundeseinheitlichen Tabelle in KbE`s bzw. CFU`s umgerechnet. Die Koloniebildenden Einheiten, engl. Colony forming units, sind dann das, was wir unter der "Keimzahl" verstehen. (Ergebnisangabe in 1000 / ml)

Bedeutung der Keimzahl

Durch die Ermittlung der Keimzahl wird die bakteriologische Beschaffenheit der Milch festgestellt. Eine erhöhte Keimzahl in der Anlieferungsmilch zeigt Schwachpunkte in der Hygiene der Milchgewinnung und Milchlagerung auf. Laut Milch-Güteverordnung muss der Keimgehalt der Anlieferungsmilch mind. zweimal im Monat untersucht werden.
Liegt der geometrische Mittelwert (2-Monatsmittel) aus dem Abrechnungsmonat und dem Vormonat über einem Wert von 100.000, kommt es zu Milchpreiskürzungen, sofern im Abrechnungsmonat auch Ergebnisse über einem Wert von 100.000 KbE/ml liegt.

Beispielrechnung

Kann ein erhöhter Gehalt an Mastitiserregern zu einer erhöhten Gesamtkeimzahl führen?

Die Milchdrüse verlassende Milch ist nicht immer keimfrei, sondern enthält einige hundert bis tausend Bakterien/ml, die bereits in der Milchdrüse und besonders bei der Passage des Strichkanals in die Milch gelangen. Strichkanal, Zitzenhaut, Stallluft und kranke Viertel sind mit maximal 10 % an der Anfangskeimbelastung der Milch beteiligt. Die durchschnittliche Gesamtkeimzahl liegt bei ca. 18.000 KbE/ml. Etwa 90 % der Gesamtkeimzahl stammt von den Melkgerätschaften und aus weiteren sekundären Kontaminationsquellen.

1 Liter Stallluft 70 Keime
1 Gramm Sand 225.000 Keime
1 Gramm Straßenstaub 78.000.000 Keime
1 Gramm Erde bis 100.000.000 Keime
1 Gramm Gras bis 200.000.000 Keime
1 Gramm Heu 7.500.000 Keime
1 Milliliter Trinkwasser 10 Keime

Selbst unter Einschluss infizierter Euterviertel liefert das Euter nur einen geringen Teil der Keime, die am Anfang der Lagerzeit (also gleich nach dem Melken) in der Milch gefunden werden können. Diese Kontamination ist zwar quantitativ unbedeutend, jedoch muss beachtet werden, dass bei infektiösen Allgemeinerkrankungen und Erkrankungen des Euters der Milchtiere Krankheitserreger mit der Milch ausgeschieden werden können.
Die aus dem Strichkanal stammenden Mikroorganismen (primäre Kontamination) sind zahlenmäßig am Keimgehalt der Milch nur unbedeutend beteiligt. Die Empfehlung, jeweils den ersten Milchstrahl zu verwerfen, ist nicht durch dessen Keimgehalt, sondern durch die nicht seltenen Schmutzablagerungen an der Strichkanalsöffnung zu begründen.

Primäre Kontamination 0 bis 1.000 Keime / ml ---> bei Mastitis max. 40.000 Keime / ml

Kommen günstige Faktoren hinzu, kann die Anfangskeimzahl, auch Anfangskeimbelastung genannt, entscheidend werden. Keime sind einzellige Lebewesen, die sich durch Teilung vermehren. Es entsteht aus einem Keim zwei, aus zwei werden vier und aus vier acht usw. Die Zeitspanne, die für eine Teilung vergeht, ist von der Keimart und von den "Umweltbedingungen" der Keime abhängig. Coli-Bakterien teilen sich unter optimalen Bedingungen alle 20 Minuten. Das bedeutet: Nach einer Stunde sind es schon acht Coli und nach 24 Stunden steigt die Anzahl der "Nachkommen" eines Coli-Bakteriums auf die unvorstellbare Menge von mehr als 300 Billionen Keime!
Um diese Vermehrung zu unterdrücken, ist die schnelle Kühlung der Milch wichtig.
Lagertemperatur
°C
AnfangskeimzahlKeimzahl nach 24 Std. Lagerung
4-54.000 KbE/ml5.000 KbE/ml
164.000 KbE/ml1.500.000 KbE/ml
Quellen:
Top Agrar Extra "Mastitis" 1. Auflage 1985
Kellermann, Dr. Rolf; Milchwirtschaftliche Mikrobiologie 4. Auflage 1972
Kielwein, Gerhard; Leitfaden der Milchkunde und Milchhygiene 3. Auflage 1994
 
Stand: 14.02.2014